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Nachbericht | Jo Berben und Luc Vanmuysen bei der November Reihe 2017 in London

Zeitgenössische Architektur

Freiheit in der Architektur

Jo Berben und Luc Vanmuysen sind Mitbegründer der Belgian Practice a20, die Büros in Brüssel und Hasselt hat. Berben stellte a20 als eine Gruppe von 45 Designern vor, die sich auf Themen der Innenarchitektur, dem Engineering, der Psychologie, den Materialien bis hin zum Modellbau spezialisiert haben. Er beschrieb die beiden Arten, wie seine Firma arbeitet: bauen und kreieren und sich dabei tief einlassen und danach streben, städtische Räume zu verstehen. Hasselt, nahe an der belgischen Grenze gelegen, ist ein interessanter Ort für ein Büro, erklärte Berben, weil es einem eine einzigartige Perspektive auf das Zentrum von Belgien bietet, auf welches in Krisenzeiten alle Fördermittel für Kultur und Infrastruktur konzentriert werden.

Berben sprach dann das zentrale Thema seines Vortrags an: wie wir Freiheit in der Architektur finden. Er begann damit, indem er die sich verändernde Rolle des Architekten einer Betrachtung unterzog und die lineare Beziehung zwischen dem Architekten, dem Kunden und dem Bauunternehmer, die es einmal gab und die jetzt durch einen “Spaghettiknoten“ von Beziehungen zwischen Städten, Bauträgern, dem Architekten und dem Kunden ersetzt wurde. Ebenso wie es bei einem Film einen Regisseur geben muss, muss jemand bei der Psychologie eines Gebäudes Regie führen. Wie er erklärte, fällt oft dem Architekt diese Rolle zu.

Berben sprach danach über vier Projekte, bei denen es um Freiheit in der Architektur geht. Beim ersten ging es um die Umwandlung einer früheren, größeren Industrieliegenschaft in ein kreatives Geschäfts- und Kunstzentrum. Für dieses Projekt, De Silo, nahm das Büro eine stillgelegte Kornfabrik und brach diese auf, um so eine Reihe von Räumen für Firmen zu schaffen, wo diese zusammenkommen und unter einem Dach arbeiten konnten. Das Büro lancierte auch eine internationale Ausschreibung, bei der es um den Entwurf eines Pavillons für ein ausgedehntes Gewerbegebiet ging, der einen öffentlichen, kommunalen Raum für ein engagiertes, kulturelles Programm schaffen sollte, das gerade entstand.

Berben sprach anschließend über die Schokoladenfabrik am Rande von Nerem und den Prozess, durch welchen die Firma diese in Apartments umwandelte, die sich junge Leute leisten konnten. Zuerst einmal wurde das Gebäude für die Öffentlichkeit und für Künstler geöffnet, damit diese das Gebäude erkunden konnten, das so lange ein integraler Bestandteil der Stadt gewesen war. Dann untersuchte das Büro die bestehende Struktur, um eine intelligente Lösung zu finden, wie es auf eine flexible und anpassbare Weise umgestaltet werden könnte.

Beim nächsten Projekt ging Berben auf ein früheres Kloster in Hasslet ein, das das Büro in ein Gebäude mit gemischter Nutzung verwandelte, wozu auch eine neu gestaltete Kapelle gehörte. Berben verwendete eine Reihe von Bildern, um die architektonischen Merkmale des Klosters zu zeigen, die das Büro beibehielt, welche davon es veränderte, und um die Eingriffe am Gebäude zu illustrieren, die es am Gebäude vornahm, um es auf würdige und wirtschaftliche Art umzubauen. Nachdem man viele unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten für die Kapelle in Betracht gezogen hatte, beschloss das Büro, den Raum zu leeren, einen technischen Boden einzuziehen und beauftragte einen flämischen Künstler, die Decke zu bemalen, um so die Atmosphäre zu bewahren, die die Nonnen hinterlassen hatten und einen hellen, offenen und friedvollen Raum zu schaffen.

Der nächste Teil des Vortrags, den Vanmuysen übernahm, beschäftigte sich mit der Bedeutung der sozialen Dimension der Architektur und der romantischen Ideale und der Eingriffe, die man in einer Stadt vornehmen sollte. Vanmuysen sprach über die Wichtigkeit von öffentlichem Raum in einer Stadt; davon, dass die Menschen sich darin frei bewegen können sollten, um zu demonstrieren und zu rebellieren. Er vertrat die Auffassung, dass der Raum, den man zwischen den Gebäuden frei lässt, der wichtigste Raum sei und dass es bei der Planung wichtig sei, dass man der Rolle der Architekten als Hüter des öffentlichen Raums Rechnung trägt.

Er stellte im Folgenden ein Krematorium vor, an dem das Büro zurzeit arbeitet. Er erläuterte, wie das Büro hart daran gearbeitet hatte, um die bestehende Anlage mit einem neuen Grundriss zu versehen und so die ursprüngliche Landschaft wiederzubeleben und um Gestaltungselemente wie zum Beispiel ausgetretene Pfade zu schaffen, die die Besucher mit der Erde verbinden. Auch wurden Fenster eingebaut, die natürliches Licht hereinlassen und die die Aussicht von innen nach außen gestalten. Er zeigte das durchdachte Design, das es einem erlaubt, sich frei auf dem Gelände zu bewegen, ohne dass man denselben Weg zweimal gehen muss. Er ging auch auf Rhythmus und Proportion ein, die einen sehr wichtigen Beitrag leisten, um dem Projekt eine kontemplative Atmosphäre zu geben.

Vanmuysen ging auch auf die Bewerbung des Büros für das Havenhuis in Antwerpen ein, bei dem sie hinter Zaha Hadid Architects den zweiten Platz belegten. Das Konzept für das Hauptbürogebäude des Hafens bestand darin, die bestehende Gebäudestruktur zu kopieren und umzuwandeln und so ein einem Segel ähnliches Gebilde zuoberst auf dem ursprünglichen Gebäude zu schaffen. Er beschrieb auch die brutalistische Struktur, die das Büro für die Kunstakademie in Hasselt entwarf. Sie nutzt Treppen ähnlich wie ein Amphitheater, um Studenten miteinander in Kontakt zu bringen.

Vanmuysen und Berben beendeten ihren Vortrag, indem sie hervorhoben, wie wichtig es in der Architektur sei, sich selbst nicht als Designer zu sehen, der mit einem Bleistift ein Problem löst, sondern immer für die Ideen von anderen Leuten offen zu sein.

Interview mit Jo Berben

Das Video finden Sie auf dem YouTube-Kanal der Stiftung.

November Reihe

Die November Reihe mit hochinteressanten Vertretern der zeitgenössischen Architektur gibt es mittlerweile an sechs europäischen Universitäten in Graz, London, Mailand, Paris, Prag und Stuttgart. Die Sto-Stiftung fördert die Veranstaltungen.

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