Lore Hauck | Eine Reise durch Japan (3/3)
Zum Ende unserer Reise schließt sich der Kreis. Wir machen ein letztes Mal Halt auf einem kleinen Hof mit zwei Ziegen und einem üppigen Gemüsegarten. Für zehn Tage begleiten wir die Familie auf ihren alltäglichen Wegen. Gemeinsam stellen wir Miso her, die Grundsubstanz für die traditionelle japanische Suppe, und helfen beim Sähen, Jäten und Ernten im Garten.
Immer wieder wird uns auf kleinen Ausflüge die Umgebung gezeigt. Ein Ort hat mich ganz besonders und nachhaltig beeindruckt. Ein Bekannter hat auf einem Stück Land einen Ort der Begegnung geschaffen. Manch einer würde es wohl als Bretterverschlag bezeichnen. Ich empfinde es als ein Grundgerüst, welches sich durch permanentes Wachstum und Veränderung auszeichnet. Gerade das Unfertige bringt die Möglichkeit, je nach Bedürfnis dem Ort noch weitere Nutzungsmöglichkeiten hinzuzufügen und sich selbst zu verwirklichen. Die räumliche Ausgangssituation des Beweglichen und Veränderlichen scheint sich auch auf die Gespräche auszuwirken. Es ist ein beliebter Treffpunkt, um zusammenzukommen und sich auszutauschen. In einem sind sich Besucher wie Alteingesessene einig, der Ort strahlt eine besondere Atmosphäre aus und wirkt belebend und beruhigend zugleich.
Ganz unbewusst haben Menschen hier ein Projekt ins Leben gerufen, welches eigentlich in seiner Art sehr gut zur Setouchi Art Triennale passen würde, die alle drei Jahre auf genau diesen Inseln stattfindet. Verschiedene Künstler besuchen den Setouchi Inland Sea, um sich vor dem Hintergrund einer wunderschönen Natur mit dem Ort und der Kultur auseinander zu setzten, ihre Qualitäten hervorzuheben und sie somit für lokale Bürger und Besucher erlebbar zu machen. Die Region erhofft sich, dadurch neue Anreize zu schaffen und der Abwanderung der jungen Bevölkerung entgegen zu wirken.
Für einen Tag fahren wir mit der Fähre nach Teshima Island und besuchen dort das Projekt Shimakitchen von Ryo Abe, der aus lokalem Baumaterial gemeinsam mit den Bürgern einen weiteren öffentlichen Ort der Begegnung geschaffen hat und das atemberaubende Teshima Art Museum des Künstlers Rei Naito sowie des Architekten Ryue Nishizawa. Hier lenkt die Architektur die Aufmerksamkeit auf die Natur um sich herum und wirkt dabei so stark, rein und wahr wie sonst kaum. Auf diesen Inseln treffen Tradition und Moderne aufeinander und bilden ein lebendiges Potential.
Das Reisen durch Japan, mit all den Erfahrungen, die ich auf dem Weg durch das Land gesammelt habe, regt mich aus einem sicheren Abstand von 9000 km dazu an, zu hinterfragen, wie ich selbst leben und arbeiten möchte.
Lore Hauck ist Preisträgerin des interior scholarship 2015. Mit dem Stipendium von AIT und Sto-Stiftung werden Innenarchitekturstudenten für ihre Ideen und kreative Denkweisen ausgezeichnet.
"Hauck entwickelte ein Volumen aus Enge, Weite, Licht und Schatten mit dramatischer Zuspitzung. Geschickt inszeniert sie die Verknüpfung verschiedener Sinneswahrnehmungen."