Der städtische Innenraum | Freek Persyn von 51N4E
November Reihe 2015 an der University of East London
Freek Persyn ist Mitbegründer des internationalen Architekturbüros 51N4E mit Sitz in Brüssel. Er präsentierte den Ansatz des Büros in Bezug auf die Arbeit mit bestehenden städtischen Strukturen und das Erschaffen von Orten, die kollektive menschliche Interaktionen sowie sozialen und städtischen Wandel fördern.
Herausforderungen in Umgebungen der urbanen Anarchie
Persyn begann seinen Vortrag mit einem Projekt, das die Herausforderungen in Umgebungen der urbanen Anarchie aufzeigt, bestimmt von historischen und sozialen Themen und deren Einfluss auf moderne Entwürfe. Der Entwurf von 51N4E für den Skanderbeg Square im Zentrum der albanischen Hauptstadt Tirana berücksichtigt die introvertierte soziale Vergangenheit und komplexe Geschichte der Stadt und bietet einen neuen städtischen Raum, eine räumliche Leere inmitten des urbanen Chaos. Derzeit wird der Skanderbeg Square von der Anarchie seiner Umgebung bestimmt. Der neue Platz hingegen vermittelt zwischen Verkehrsstaus und Leere und bietet einen neuen Ort für kommunale Aktivitäten in der Stadt. Der Skanderbeg Square wird zu unterschiedlichen Zeitpunkten und durch eine Vielzahl von Veranstaltungen aktiviert, so dass durch menschliche Interaktionen ein Raumgefühl entstehen kann.
Das Leere in Interaktionsräume verwandeln
Ein weiteres Beispiel für das Entwurfskonzept des Architekturbüros, durch das Leere in Interaktionsräume verwandelt wird, ist das BUDA Art Centre, eine ehemalige Textilfabrik, die im Zuge der Umwandlung der Umgebung in eine kulturelle Drehscheibe zu einem Ort für Kultur wurde. 51N4E arbeitete von innen nach außen und definierte das Gebäude von seinen Zentrum aus. Der Ort ist nach wie vor eine Fabrik – nun aber für Kultur anstatt für Textilien - und hat sich die Anmutung einer Produktionsstätte erhalten. 51N4E nutzte die großzügigen Räumlichkeiten in dem ehemaligen Industriegebäude und fügte zwei hohle, fünfeckige Räume ein. Die neuen Räume, einer im bestehenden Gebäude und einer außen, bringen eine Reihe von räumlichen und atmosphärischen Sequenzen ein, die die Bewohnbarkeit möglich machen sollen.
Der Entwurfswettbewerb für das neue NCCA (National Centre for Contemporary Arts) in Moskau warf die Frage auf, wie man interaktive Kulturräume entwerfen und dabei sowohl die Herausforderungen als auch die Möglichkeiten der Architektur in der Peripherie von Großstädten betonen kann. Das zu entwerfende Gebäude soll auf dem Gelände eines ehemaligen Flugplatzes außerhalb Moskaus entstehen. Dabei sollen nicht nur Räumlichkeiten für Kunstausstellungen geschaffen werden, sondern auch ein Ort, an dem wir unsere Wahrnehmung von Maßstäben und Formen neu erleben können. Die mannigfaltige Gebäudekollektion für den NCCA-Entwurf von 51N4E will die Interaktion zwischen Künstlern und Öffentlichkeit anregen und Ausstellungsräume in Orte der Aktivität anstatt statischer Darstellung zu verwandeln.
Den Rahmen für Veranstaltungen bilden
Persyn stellte zwei weitere Kulturprojekte vor, die die anhaltende Leidenschaft des Büros für transformative Architektur, die den Rahmen für Veranstaltungen bildet, unterstreichen.
Mit C-Mine hat das Büro sein Flair und seine Fähigkeiten bewiesen, erfolgreich Kulturgebäude mit einem starken Kontextbezug zu entwerfen. Das Entwurfszentrum befindet sich im belgischen Genk und ist Teil einer Stadt, die durch die Verwandlung einer alten Kohlengrube in ein Kulturzentrum ihre jüngere Geschichte neu erfinden will. Das Projekt unterstreicht die Fähigkeit des Büros, Räume zu gestalten, die offen, flexibel und leicht anzupassen sind.
Persyn schloss mit der Vorstellung einer Städtebaustudie, mit der das Publikum den Entwurf von Kulturräumen und deren Nutzung als nationale Wahrzeichen neu überdenken konnte. Das Projekt ist von nationaler Bedeutung für Frankreich und befindet sich in einem ehemaligen Bergbau- und Stahlindustriegebiet im nördlichen Lothringen, in der Nähe zur luxemburgischen Grenze. Mit seinen Untersuchungen versucht das Architekturbüro, auf innovative Weise ein Kulturzentrum zu schaffen, das kein Gebäude, sondern eine freie Fläche ist. So können bestehende Bereiche gemeinsam genutzt und verlassene Flächen miteinander verbunden werden.
Persyns Vortrag war eine inspirierende Darstellung der sozial- und kontextbewussten Architektur von 51N4E, die Umgebungen – sowohl Gebäude als auch Außenbereiche – zu schaffen versucht, die bestehende städtische Strukturen beleben und das Bewohnen möglich machen.