David Adjaye bei den November Talks
In gegensätzlichen Welten ist er aufgewachsen – in Tansania geboren als Sohn eines Diplomaten, nach Ägypten, in den Jemen und den Libanon übersiedelt und dann nach London verpflanzt. Eigentlich wollte er Künstler werden, jetzt wird er als großes Talent der englischen Architekturszene gehandelt: David Adjaye schloss mit seinem Werkvortrag am 12. Dezember 2011 die Grazer November Talks 2011. Der Festsaal der Technischen Universität Graz war gefüllt und der 38-jährige Architekt, der an der Princeton University unterrichtet und in Miami zum Designer des Jahres 2011 gekürt wurde, erzählte von seinen Projekten und seinen tiefgründigen Gedanken zur zeitgenössischen Architektur. Die November Talks fanden zum ersten Mal in Österreich statt. Finanziert wird die Vortragsreihe von der Sto-Stiftung.
Architektur, die Widersprüche auflöst
Gegensätze zeichnen auch Adjayes Projekte aus: von mutigen Museumsgebäuden zu skulptural-eigensinnigen Wohnhäusern; von der Inszenierung des öffentlichen Lebens im Holzpavillon bis zu gemeinnützigen Wohnungen für sozial schwache Familien: „Mich interessiert, wie Mensch und Stadt miteinander umgehen.“ In seinem neuen Buch widmet er sich ausschließlich Afrika: „Adjayeh Africa Architecture“ erzählt die architektonische Geschichte eines Kontinents in 6 Kapiteln.
Elmina College, Ghana: Herausforderungen im subtropischen Klima
Das Projekt Elmina College markiert den Übergang Adjayes von kleineren Aufträgen zur Arbeit an großangelegten, urbanen Strukturen. Das Elmina College in Ghana ist ein bedeutendes lokales Ausbildungszentrum. Der neue Gebäudekomplex passt sich mit seiner dominanten Dachlandschaft perfekt an die umgebende Vegetation an. Das Design hat auch einen funktionalen Nebeneffekt: Es vereint geschickt Ästhetik mit Kühlung – im subtropischen Klima ist der performative Aspekt von Gebäuden elementar.
Moscow School of Management Skolkovo: mit mutigen Formen Schule machen
Eine neue Riege an Managern führt Russland ins 21. Jahrhundert – die Moscow School of Management Skolkovo bildet sie aus. Adjayes mutige Architektur präsentiert einen Balanceakt von vier geometrischen Blöcken, die mit ihren grob-pixeligen, schimmernden Fassaden auf einer zylinderförmigen Basis gefährlich im Gleichgewicht schweben. Die vier Bauelemente beherbergen die Verwaltung, ein Verpflegungscenter, ein Hotel und Unterkünfte für die Studenten. Von der Dachterrasse dringen großzügige Skylights in die darunterliegenden Räumlichkeiten. Das Gebäude verbindet traditionelles Campusleben mit einer ausgefallenen Ästhetik, die sich sowohl an das Grün der Umgebung als auch an die eisige Landschaft der langen Winter anpasst.
Smithsonian NMAAHC, Washington: Brückenbau zwischen zwei Kontinenten
Architektur ist die Manifestation der höchsten Ideale einer Kultur – im Fall des Smithsonian National Musuem of African American History sind es gleich zwei Kulturen, die es zu verbinden gilt. Majestätisch und doch von Tradition durchflutet, einfach und doch triumphierend, afrikanisch und doch distinkt amerikanisch: So wird sich der fertige Museumsbau 2015 präsentieren. Lead Designer Adjaye steht mit diesem Auftrag außerdem vor einer ganz delikaten Herausforderung: Das Museum steht in unmittelbarer Nähe zum Weißen Haus – Hochsicherheitsgebiet. Sichtlinien und -achsen müssen daher mit Sorgfalt ins Konzept integriert werden.