ARCH+ Praktikum | Lennard Flörke | Blog 01/2019
Lennard Flörke
Den Einstieg in die redaktionelle Tätigkeit bei ARCH+ hätte ich mit der Arbeit an der Ausgabe 237 nicht besser treffen können. Ihr Inhalt ist im Wesentlichen ein autobiografischer Text des Mitherausgebers Nikolaus Kuhnert anlässlich seines 80. Geburtstages. Vor dem Hintergrund seiner langjährigen Tätigkeit als Chefredakteur berichtet er umfassend über die Architekturdebatten seit Mitte der 70er-Jahre und ordnet sie anschaulich in den jeweiligen gesellschaftlichen Zusammenhang ein. Dabei präsentiert er keinen objektiv gewichteten Abriss der Architekturgeschichte, wie ich ihn aus dem Studium kenne, sondern eine spannende Erzählung, die vor allem von ihrem subjektiven Charakter lebt. Für mich ist Nikolaus Kuhnerts Autobiografie ein idealer Grundlagentext für eine architekturtheoretische Arbeit.
Meine Tätigkeiten der ersten Stipendienwochen umfassten die ausgiebige Überprüfung aller Fakten, historischer und inhaltlicher Zusammenhänge in Nikolaus Kuhnerts Manuskript. An den Faktencheck schloss sich die Bildredaktion der einzelnen Kapitel an. Es galt die Kernaussagen der Erzählung zu identifizieren und nach unterstützendem Bildmaterial zu forschen. Bei der Arbeit wurde mir noch mal bewusst, dass die digitale Recherche bisweilen an ihre Grenzen stößt. Ich schätze die ausgiebige Auseinandersetzung mit Fachliteratur hier sehr. Die Zeit unmittelbar vor der Drucklegung war geprägt von der Finalisierung der Bilderzählung innerhalb des Layouts in enger Zusammenarbeit mit der Grafik. Schlussendlich stand ein Besuch der Druckerei an, der interessante Einblicke in das Offset-Druckverfahren bereithielt.
Parallel fand im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) die von ARCH+ kuratierte Ausstellung „1989–2019: Politik des Raums im Neuen Berlin“ statt, die von einem umfangreichen Diskursprogramm begleitet war. Interdisziplinär wurden die kommunalpolitischen Strategien Berlins und ihre Auswirkungen seit dem Mauerfall ausgeleuchtet. Die Themenschwerpunkte reichten dabei von den Entwicklungen des Immobilienmarktes, über die Installation einer historisierenden Rekonstruktionsarchitektur hin zur Instrumentalisierung der Berliner Kreativwirtschaft. Die Arbeit von ARCH+ reicht weit über das Print-Medium hinaus. Was ein Verlag politisch bewegen kann, beeindruckt mich sehr.
Lennard Flörke studiert Architektur an der RWTH Aachen University. Für ihn ist Architektur in erster Linie ein vermittelndes Medium zwischen Theorie und Praxis, sie reicht von Fragen über Gesellschaftsbildung bis zur Gestaltung einer Türklinke. Die Mitarbeit am Lehrstuhl für Gebäudelehre und Grundlagen des Entwerfens bei Prof. Anne-Julchen Bernhardt und die damit verbundene Auseinandersetzung mit einem diskursiven Entwurfsprozess bekräftigte ihn in seiner Auffassung. Das Praktikum bei der ARCH+ gibt ihm die Gelegenheit, der kritischen Reflexion des gesellschaftlichen Anspruchs von Architektur und den interdisziplinären Schnittstellen weiter nachzugehen und so neue Schwerpunkte neben einer vorwiegend formalen Entwurfslehre durch das Studium setzen.