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Nachbericht | Muck Petzet bei der November Reihe 2018 in Stuttgart

Aus Vorhandenem Neues schaffen

Nach dem Studium der Philosophie und Architektur startete der gebürtige Münchner Muck Petzet seine berufliche Laufbahn bei Herzog & de Meuron in Basel. Seit 2015 führt er neben dem Münchner Standort auch ein Büro in Berlin. Petzet ist Professor für Sustainable Design an der Accademia di architettura Mendrisio. Darüber hinaus war er Kurator des deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale in Venedig 2012. Die Ausstellung „Reduce / Reuse / Recycle“ hat Petzets Arbeit und Lehre nachhaltig geprägt, da hier ein Wertesystem in die Architekturdiskussion eingeführt wurde, wie man Vermeidung und Weiternutzung in der Architektur betreiben kann – ein Wertesystem des geringstmöglichen Eingriffs.

Mit seinem Büro hat der Architekt bisher 240 Projekte sehr unterschiedlicher Art bearbeitet: Was diese Projekte verbindet, ist Petzets Sichtweise, dass es sich in der Architektur eben nicht nur um das Entwerfen schöner Dinge dreht, sondern dass es um den kompletten Prozess geht. Darum, die Projektentwicklung, Finanzierung und die Randbedingungen wirklich zu verstehen und mit zu beeinflussen. Petzet räumt ein, dass offene Bauherren nötig sind, um vorhandene Potentiale entwerfend weiterentwickeln zu können. Unter der Überschrift „Vermeidungsstrategien“ stellt er verschiedene Weiternutzungs- und Recycling-Projekte vor. Dabei betont er immer wieder, wie wichtig es ist, aus Vorhandenem Neues zu schaffen.

Die Idee, dass alles immer neu erfunden werden muss, teilt Petzet nicht. Als Beispiel für diese Haltung zeigt er das Studentendorf Schlachtensee in Berlin. Die Wohngemeinschaftshäuser konnten durch die private Initiative ehemaliger Studenten vor dem Abriss bewahrt werden und stehen mittlerweile unter höchstem Denkmalschutz. Die Architekten haben bei der Sanierung versucht, nur die allernotwendigsten Eingriffe durchzuführen, etwa die Eingangsbereiche ein wenig aufzuwerten. Wie Petzet ausführt, sucht er mit seinem Team immer den Punkt, wo Potential im Bestand ist und versucht mitzunehmen, was schon da ist, um es in die Zukunft zu entwickeln. Der Münchner Architekt erklärt, dass Recycling tatsächlich die schlechteste Möglichkeit ist, weil Dinge zerstört werden und sehr viel Energie dafür verschwendet wird, Dinge wieder aufzubereiten.

Muck Petzet legt großen Wert auf den „positiven Impact“ seiner Projekte, daher versucht er seinen Studenten beizubringen, dass es bei „Sustainability“ eben nicht nur um das Energieeinsparen und die größte Effizienz geht, sondern sehr stark auch um soziale und ökonomische Aspekte. In diesem Zusammenhang stellt er ein Flüchtlingsprojekt vor: Das Integrationshaus in Gundelsheim, ein kleiner Ort in der Nähe von Bamberg. Das Projekt ist aus einem Förderprogramm der bayerischen Staatsregierung entstanden, die das Thema der Unterbringung von Flüchtlingen mit der Bekämpfung des Leerstandes in ländlichen Gebieten verbunden hat. Ein Förderprogramm, das Gemeinden ermöglicht, 90 % der Sanierungskosten vom Staat geschenkt zu bekommen, wenn sie leerstehende Gebäude für die Unterbringung von Flüchtlingen aufbereiten. Der Bürgermeister von Gundelsheim hat sich für die Nutzung dieser Fördermittel entschieden, um das Problem des plakativen Leerstands eines Wohnhauses mit ehemaliger Schlecker-Filiale mitten im Ort zu lösen. Die Architekten schlugen vor, das Gebäude durch eine Aufstockung zu erweitern. Im dörflichen Kontext stieß dieser Erhaltungsgedanke auf viel Unverständnis. Das Konzept sieht einen Festsaal, ein Restaurant und einen Biergarten vor. Hintergrund dieser Überlegungen ist die Frage, wie man diese Flüchtlinge integriert, die mitten im Ort ein Wohnhaus bekommen. Die Gastronomie soll hier die Brücke schlagen. Auch in diesem Fall steht noch nicht fest, ob das Projekt wirklich gebaut wird.

Muck Petzet steht für eine respektvolle Haltung gegenüber dem Bestand. Mit seinem Vortrag ist es ihm gelungen, das hohe gestalterische und architektonische Potenzial aufzuzeigen, das in einem positiven Umgang mit dem Vorhandenen liegt, wenn man es als Inspiration zur Weiterentwicklung begreift.

Programm der November Reihe in Stuttgart

Interview mit Muck Petzet

Das Video-Interview finden Sie auf dem YouTube-Kanal der Sto-Stiftung.

Pressekontakt

a1kommunikation Schweizer GmbH
Oberdorfstraße 31 A
70794 Filderstadt
www.a1kommunikation.de

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Kirsten Ludwig
T.: +49 711 9454161-20
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Anne Bambauer, Stiftungsrätin Kommunikation
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