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Präzise Worte und eine klare Haltung | Fabrizio Barozzi

November Reihe 2015 an der Universität Stuttgart

Die bereits zehnte Ausgabe der Novemberreihe an der Universität Stuttgart startet mit einem vollbesetzten Hörsaal beim Vortrag von Fabrizio Barozzi. Etwas eingeschüchtert von der großen Zuschauerzahl, entschuldigt sich der diesjährige Gewinner des Mies van der Rohe Awards – die renommierteste, in Europa vergebene Auszeichnung für zeitgenössische Architektur – für sein Englisch. Doch diese Bescheidenheit ist ganz unangebracht. Nicht nur macht Fabrizio Barozzi in einfachen doch präzisen Worten seine klare Haltung deutlich – auch sprechen die Bilder seiner außergewöhnlichen Projekte zu den rund 600 aufmerksamen Zuhörern.

Balance halten – zwischen der Spezifik des Ortes und der Autonomie der architektonischen Form

Das in Barcelona beheimate Architekturbüro Barozzi / Veiga wurde 2004 von dem Spanier Alberto Veiga und dem Italiener Fabrizio Barozzi gegründet. Für Barozzi war die Arbeit in einem fremden Land eine große Herausforderung und gleichzeitig auch der Antrieb Mentalitäten, lokale Tradition und Erbe ganz besonders zu analysieren und zu hinterfragen.

Der junge Architekt bezeichnet sich als Europäer, der in seiner architektonischen Forschung – egal in welchem Land – immer eine Balance finden möchte. Die Balance zwischen dem Kontext, der Spezifik des Ortes einerseits und andererseits der Autonomie der architektonischen Form, die etwas Universelles und Allgemeingültiges ausstrahlen soll. „Unsere Architektur gehört zum jeweiligen Ort – und gehört gleichzeitig auch zu einem ganz anderen Ort.“

Er illustriert, wie dieser Spagat zu schaffen ist: Ein Gebäude kann sich auf die Geschichte beziehen, ohne sie wiederholend fortzuschreiben, wie Barozzi am Beispiel für das Gebäude des Hauptsitzes der Weinregion „Ribera del Duero" in Roa erläutert. Das Ensemble vervollständigt den Dorfgrundriss. Die neuen Gebäude nehmen Kanten, Steigungen und die Materialität der Umgebung auf und sind dadurch keine skulpturalen Fremdkörper in der gewachsenen Dorfstruktur. Mit ausdrucksstarken runden Öffnungen hingegen werden die Lochfassaden der umgebenden traditionellen Dorfhäuser neu interpretiert und etwas genuin Neues platziert.

Stettiner Philharmonie: Masse, Wiederholung, Vertikalität, Einfachheit und expressionistischer Ausdruck

Im Anschluss daran spricht Barozzi ausführlich von der Philharmonie im polnischen Stettin, dem Bauwerk, für das Barozzi / Veiga den Mies van der Rohe Award bekommen haben. 2007 gewannen die noch unbekannten Architekten den Wettbewerb, mit dessen Umsetzung sie fast acht Jahre beschäftigt waren. Anhand einer Luftaufnahme erklärt Barozzi, wie sich die Form des monumentalen und doch stark differenzierten Gebäudes aus der Umgebung ergeben hat: Sowohl die mittelalterlichen Spitzen, Giebel und Kirchtürme, wie auch die Massivität der Wohnzeilen und Verwaltungsblocks finden sich – in transformierter Form – in der ungewöhnlichen Kubatur des Konzerthauses wieder. Der große und kompakte Stadtbaustein ist durch viele kleine Vorsprünge, Firste und Zinnen gegliedert. „Masse, Wiederholung, Vertikalität, Einfachheit und expressionistischer Ausdruck“ sind die Schlagworte mit denen Fabrizio Barozzi den preisgekrönten Bau beschreibt.

Der Blick auf schlichte, reduzierte Grundrisse verbirgt ein komplexes Raumerlebnis im Inneren: Dem Besucher öffnet sich ein weißes, durch eingeschobene Volumen mehrfach gegliedertes Foyer. Über Galerien sind die verschiedenen Ebenen optisch verbunden und werden von prägnant gesetzten Oberlichtern eindruckvoll inszeniert.

Doch Barozzi betont immer wieder das knappe Budget und die als harte Geduldsprobe erlebte lange Bauzeit. Selbst der vergoldete Innenraum des Konzertsaals ist das Ergebnis von Sparmaßnahmen, bei dem ein eigentlich schlichtes Fragment mehrfach wiederholt, skaliert und neu platziert wurde – um am Ende einen prächtigen Saal mit guter Akustik entstehen zu lassen. Seine wahre Strahlkraft entwickelt das Gebäude in die Stadt hinein: Die mit senkrechten Aluminiumelementen gegliederte Fassade ist hinterleuchtet, so dass nachts die Stettiner Philharmonie zu einem glühenden Kristall wird.

Auf künftige Arbeiten des aufstrebenden Büros darf man gespannt sein. Barozzi / Veiga haben aktuell mit dem Kunstmuseum in Lausanne, dem Neubau des Tanzhauses in Zürich oder der Erweiterung des Kunstmuseums in Chur mehrere respektable Wettbewerbe in der Schweiz gewonnen. Mit den Illustrationen dieser drei Entwürfe entlässt Fabrizio Barozzi seine begeisterte Zuhörerschaft in die Diskussion.

Sehen Sie das Interview mit Fabrizio Barozzi (Video | 5:05 Min.).

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