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Phänomenologie des Gebauten | Krešimir Rogina

November Talks 2015 an der Technischen Universität Graz

Krešimir Rogina

„Architektur ist nicht nur Bauen – forsche!“, lautete der Aufruf von Krešimir Rogina, 1959 im kroatischen Rijeka geboren, an den vollen Saal der Aula in der Grazer Alten Technik. Gut die Hälfte des zweiten Werkvortrags der November Talks 2015 beschäftigte sich mit der historischen Transformation der Architektur zu einem Medium. Herausragende Beispiele für die gebäudegewordenen Forschungsergebnisse Roginas gab es im zweiten Teil.

Es gibt so viele Welten, wie es Wahrnehmungen gibt – das gilt besonders für die Architektur. Krešimir Rogina, der mit seinem Partner Vinko Penezić eine beeindruckende Liste gewonnener Preise vorzuweisen hat, spannt die Geschichte der Architektur auf einer phänomenologischen Ebene auf. Im ersten Schritt, erklärt er, bot Gebautes dem Menschen einfach Schutz. Dann kam das mechanische Zeitalter, und man sah Gebäude als Werkzeuge, als „Maschine, in der man lebt“, als Aufbereitung des Raums, als bloße Bedingung für das Leben. Erst im dritten Schritt, dem digitalen Zeitalter, emanzipierte sich die Architektur vom Raum. Die Wahrnehmung muss über das Visuelle hinausgehen, wie Rogina und Penezić mit ihrem konzeptuellen Projekt „Glass House 2001 – for a blind man“ bei der Biennale in Venedig zeigten. Taktiles und akustisches Empfinden ergänzen die Architektur. In einem weiteren preisgekrönten Projekt, „Who’s afraid of the big bad wolf?“, kämpft das digitale Zeitalter in Form eines abstrakten Gewebes mit den mechanischen Röhren in einem Schachspiel gegeneinander. Gewonnen hat das „Medium“ – das Rogina in seinem Vortrag mit dem Freud’schen „Ich“ gleichsetzte. Das erdgebundene „Es“ und das „Über-Ich“, das in den Himmel weist, bilden die beiden anderen „Stockwerke“ in der Architektur. Die Handballhalle von Svetice, die im Projektstadium verblieb, verbindet diese drei Ebenen. „Die Leute sollen den Raum nutzen, den wir ihnen wegnehmen“, erklärt Rogina, denn die Oberfläche des organisch geformten Gebäudes wird von einem Netz aus Pflanzen bewachsen. Vorbild dafür war eine Voliere im Londoner Zoo.

Das Spiel mit den Formen

Organisch und geerdet sind die perfekten Stichwörter für das erste gebaute Projekt, das Rogina vorstellte. Im Srdoči Kindergarten, Rijeka 2011, spannt sich ein 3.000 Quadratmeter großes Abenteuerland zwischen zwei sanften Hügeln. In diesem urbanen Dschungel spüren die Kinder ständig den Kontakt mit der Erde, Pflanzen bewachsen nicht nur den Boden, sondern auch die Wände – in einem charakteristischen grafischen Stil, der zur unverkennbaren Handschrift von Rogina und Penezić wurde. Gefühl für die Perspektive ganz junger Bewohner beweisen die Architekten auch beim Jarun Kindergarten, Zagreb 2006. Das gesamte Gebäude ist für Kinderaugen skaliert worden – die pixelierte, bunte Frontfassade erinnert an Legosteine und ist bewusst niedrig gehalten, großzügige Glaswände schaffen im Inneren Transparenz und Offenheit. Jeder einzelne Raum, jede Terrasse, jede Stiege wird von den Kleinen liebevoll in Besitz genommen. Dass das Konzept voll aufging, beweisen die Kinderzeichnungen, auf denen sich die bunt gekachelte Front wie ein Markenzeichen wiederfindet. „Sie identifizieren sich einfach mit unserem Projekt“, ist Rogina stolz.

Geometrie als Größenordnung

Ikonisch erhebt sich das Dalmare Shopping Center, Šibenik 2010, über eine Bucht am adriatischen Meer und passt sich doch sehr elegant in die grüne Landschaft ein. Es zeigt, dass Rogina und Penezić mit ihrem organischen, grafischen Stil auch in größeren Skalen brillieren. In den ineinander verschachtelten Kuben – einer typisch „bewachsen“, der andere strikt geometrisch ausgeformt befinden sich nicht nur Geschäfte, sondern auch Hallen für Veranstaltungen. Von ganz groß zu ganz klein: An einer Straßenecke, eingekesselt zwischen zwei um 90 Grad miteinander verkeilten, hohen Gebäuden, steht die „Blok Bar“, Zagreb 2011. Trotz dieser klaustrophoben Location ist es Rogina und Penezić gelungen, eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen. Die Bar selbst ist nicht im Inneren des Gebäudes lokalisiert, sondern am straßenseitigen Eck, eingebettet in einen Kubus, der durch die scherenschnittartigen grafischen Elemente schummriges Licht ausströmt. Die Gäste sitzen entweder rund um den Bar-Würfel oder draußen an den Tischen, die zusammen mit den Sesseln ein Schachbrettmuster ergeben.

Architektur, die verbindet

Freundschaft und Fußball verbinden im Projekt „Laterne und Leuchtturm der Freundschaft“ die Länder Kroatien und Japan. Als die kroatische Mannschaft während der WM 2002 ihre Zelte in Tokamachi aufschlug, wurde der Grundstein für eine lange Freundschaft gelegt. 2010 ist der Doppelbau auf der Insel Honshu eröffnet worden. Rogina und Penezić kombinierten eine japanische Laterne und einen kroatischen Leuchtturm zu einem starken Symbol der Verbundenheit zwischen den beiden Staaten. Bei Dunkelheit strahlen beide das starke Licht der Freundschaft aus – und das sogar in den oft strengen Wintern in Japan: Bis zu sechs Meter Schnee müssen die multifunktionalen Bauwerke aushalten – denn auch im digitalen Zeitalter müssen Gebäude Menschen Schutz bieten.

Vinko Penezić und Krešimir Rogina, die beide an der Zagreb School of Architecture und der Belgrade School of Architecture studierten, sind seit 1979 ein Team. PENEZIĆ & ROGINA architects wurde 1991 gegründet. Ihr erstes Projekt, der Mladost Swimmingpool im Jahr 1987, wurde mit der Silbermedaille bei der INTERARCH World Biennale of Architecture in Sofia und dem Grand Prix im Belgrade Salon of Architecture ausgezeichnet. Das Duo gewann die „Tokyo Works“-Wettbewerbe in Japan sechs Mal, 1984, 1990, 1995, 1996, 1999 und 2001. Sie sind Preisträger des „Viktor Kovačić and Bernardo Bernardi Awards“ (1997) und des „Vladimir Nazor National Award for Architecture“ (2002). Sie vertraten Kroatien bei der Biennale in Venedig in den Jahren 2000 und 2004.

Sehen Sie das Interview mit Krešimir Rogina (Film | 1:26 Min.).

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