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„Schlichtheit an sich ist schön“

Pilar Calderon bei den Les causeries de novembre in Paris

Paris, 13. November 2014. Pilar Calderon, die zu den Begründern des Büros CALDERON-FOLCH-SARSANEDAS ARQUITECTES in Barcelona gehört, verwendet zum Einstieg ihres Werkberichtes zwei Metaphern, um ihre Sichtweise der Materialität in der Architektur zu vermitteln: das Ruderboot und das Iglu. Beide sind Interpretationen der Wechselbeziehung, die zwischen einem Projekt und seinem umgebenden Milieu stattfindet.

Beim Ruderboot wird für Calderon sofort Beziehung zum Milieu aufgenommen. Effizientes Rudern setzt voraus, dass man mit minimalem Kraftaufwand auf dem Wasser dahingleitet, dabei sind Technik und Rhythmus von entscheidender Bedeutung. Calderon beschreibt deshalb das Milieu als den wichtigsten Faktor, der am Anfang eines Projekts zu berücksichtigen ist.

Beim Iglu hingegen wird das Milieu als Rohmaterial verstanden. Stellt man sich das Packeis bei Nacht vor, das von der Transparenz eines beleuchteten Iglus erhellt wird, dann wird das Milieu durch das Iglu, das selbst aus Eisblöcken gebaut ist, verwandelt.

Erstes vorgestelltes Projekt des Abends ist das Gemeindezentrum Léonce Georges in Chauffailles im französischen Burgund. Es wurde 2011 fertiggestellt und zwei Jahre später mit einem spanischen Architekturpreis ausgezeichnet.

Beim Projekt handelt sich um den teilweisen Neubau eines Veranstaltungssaals im Zentrum der ländlichen Gemeinde. Wie beim Ruderboot und dem Einfluss, den es auf sein Milieu hat, so war in Chauffailles die Integration des Gemeindezentrums in den bestehenden Dorfkern entscheidend.

Das Büro entschied sich von vornherein für die Sanierung eines verlassenen Wirtschaftsgebäudes des Klosters der Barmherzigen Schwestern mit typischen Steinmauern. Daher galt es, dieses Rohmaterial zur Geltung zu bringen. Um auf die Beziehung zwischen Ruderboot und Wasser zurückzukommen - der Vorteil eines Wirtschaftsgebäudes, und von landwirtschaftlichen Bauwerken ganz allgemein, ist ihre einfache, zweckbezogene Architektur, deshalb sind sie beispielhaft für die Wechselbeziehung, die sie zu ihrem Milieu unterhalten.

Scheunen und Silos wurden früher von und für die Gemeinschaft mit den vorhandenen Ressourcen der Umgebung errichtet. Danach war das Gebäude für die Gemeinschaft von Nutzen. Den Ausgangspunkt für das neue Gemeindezentrum bildete somit die historische Scheune, sie war massiv, aus Stein und sehr schön, beim Anbau musste auf Harmonie zwischen Bestand und Neubau geachtet werden. „Schlichtheit ist an sich schön, sie muss vom Architekten bewahrt werden", betont Pilar Calderon daher.

Das Gemeindezentrum Léonce Georges weist ein hohes Ausstattungsniveau auf und bietet seinen Benutzern ein hohes Maß an Komfort. Auch das erreichte wärmetechnische Niveau ist sehr gut. Um den Bestand aus Stein zur Geltung zu bringen, setzt der Anbau einen harmonischen Kontrast durch Form und Material. Wie beim Iglu, das aus lokalem Werkstoff gebaut ist, wurde hier für die Vorhangfassade Douglasie, ein in den umliegenden Nadelwäldern weit verbreitetes Gehölz verwendet. Die schlichte Schönheit des Gebäudes wird so nicht nur bewahrt, sie entsteht quasi aus seiner Funktion.

Das zweite Projekt ist das Kulturzentrum „El Roure“ (die Eiche) und die Bibliothek „La Ginesta“ (der Ginster) in Begues, einem Dorf in der Nähe von Barcelona.

Im Herzen eines Naturparks gelegen umfasst es ein Theater, Gemeindezentrum, Bibliothek sowie einen zentralen Platz, der die drei unterschiedlichen Funktionen miteinander verknüpft. Im Vordergrund steht wieder die Integration des funktionellen Gebäudes in sein Milieu und seine Wechselbeziehung zu ihm.

Bestandteil des vorhandenen Ökosystems ist ein Bach. Es ist in Spanien, in anderen Ländern vermutlich auch, leider seit jeher üblich, Bäche als wilde Müllkippen zu betrachten und dort größere Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen abzuladen. Idee des Büros war es, im Rahmen des Projekts auch das Ökosystem zu sanieren. Für Calderon geht es darum, „mit dem Bach spielen“, ihm wieder einen Platz zu geben, seinen Verlauf zu unterstreichen und seine Geometrie in den äußeren Linien zu wiederholen.

Die Agora im Mittelpunkt ist wie ein innerer Raum konzipiert, der den Naturpark, in dem er sich befindet, keinesfalls ignoriert. „Sie ist also das Gegenteil eines Einkaufszentrums, das uns völlig von der Außenwelt isoliert, wenn wir erstmal drin sind.“

Die Fassade ist eine doppelte Hülle aus Glas und Holz mit einem ausgezeichneten wärmetechnischen Niveau. Optisch stellt die Materialität des Gebäudes dar, was das Architekturbüro vom Milieu reflektieren wollte, denn im Glas spiegelt sich das Holz, das aus der Umgebung stammt. Innen weist der gewachste Betonboden ein Gefälle auf. Er passt sich der Topographie an und stimmt mit den äußeren Kurven des Ensembles überein, die dem Bachverlauf folgen.

Pilar Calderon beschließt ihren Vortrag mit der Idee vom Vogelnest. Es ist schön, weil es schlicht ist, und es ist schlicht, weil es total funktionell ist. Das Nest ist in sein Milieu integriert und aus Baustoffen gebaut, die die direkte Umgebung liefert.

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