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Nachbericht | Wien - StudioVlayStreeruwitz: Von Architektur und Urbanismus

Mit ihrem Vortrag „INSIDE OUT/OUTSIDE IN – Tracing complicities in architecture and urban space” führten Lina Streeruwitz und Bernd Vlay von StudioVlayStreeruwitz (Wien) auf eine Exkursion zwischen Architektur und Urbanismus.

Mit ihrem Vortrag „INSIDE OUT/OUTSIDE IN – Tracing complicities in architecture and urban space” führten Lina Streeruwitz und Bernd Vlay von StudioVlayStreeruwitz (Wien) auf eine Exkursion zwischen Architektur und Urbanismus. Im Fokus ihrer Arbeit stehen städtische Räume und Typologien, die das Innere von Gebäuden formen, ein unvoreingenommener Umgang mit dem Vorgefundenen, eine Liebe zur produktiven Wildnis sowie ein souveräner Umgang mit dem Maßstab als Werkzeug. „Unmöglich zu sagen, wo Stadt aufhört und Architektur anfängt“, erklären sie und zeigten Wettbewerbsbeiträge – sowohl gewonnene und realisierte als auch verlorene – aus den vergangenen Jahren.

Unter dem Titel „On the fringe“ stellen Lina Streeruwitz und Bernd Vlay Projekte vor, die sich an Rändern bewegen, an denen die Begriffe „Innen“ und „Außen“ wie Vexierbilder scheinen. Der Wettbewerb „City Beach“ für die „Copa Cagrana Neu“ am Ufer der Neuen Donau in Wien verortete sich an mehreren Rand- und Übergangssituationen. Der Ort selbst präsentiert sich als Kombination aus glatten Bürotürmen und lokaler Arbeiterklassekultur, aus verinselter Stadt und domestizierter Natur. StudioVlayStreeruwitz begannen mit einem genauen Blick auf die Wettbewerbsausschreibung und stellte gleich einen Widerspruch zwischen der Trennung von Funktionen und der Forderung nach freien grünen Flächen fest. Der erste Schritt, um dem zu begegnen: herauszoomen, und zwar weit, auf den gesamten Verlauf der Donau bis zum Schwarzen Meer, und dann wieder zurück in die Stadt. Der Slogan des Entwurfs „Stadt an den Strand!“ war zugleich eine Forderung: Denn Wien war nie wirklich am Fluss. Der Entwurf kombiniert die Analyse verschiedener Geschwindigkeiten der Umgebung und die Höhen des Wasserspiegels, als Echo der Donau zu einer sehr präzisen Topografie, einer Art „produktiven Surrealität“, die die Wildheit in den öffentlichen Stadtraum zurückholt.

Der Wettbewerb für die Front des Stadtentwicklungsgebietes „Village im Dritten“ zur stark befahrenen sechsspurigen Gürtelstraße begann mit einem ungewöhnlichen Ansatz: einer kinetischen Fassade aus vorgefertigten Holzelementen, deren Rhythmus auf die Wahrnehmung der Autofahrer Beziehung nimmt. Die Architekten sprechen vom „längsten Vorhang Wiens“ und einem „programmatischen Kraftfeld“. Der Inhalt greift die Ansätze der produktiven Stadt auf und ordnet sie in eine Matrix von Nutzungen ein. Hier überschneiden sich Abstufungen von Intensität und Raumgrößen und organisieren sich Hardware, Software und Orgware. Das Ergebnis: ein Gebäude als Objekt mit starker Identität. Auf dem Dach des leicht gekurvten, langen Baukörpers siedelt sich eine produktive grüne Wildnis an.

Der zweite Teil des Vortrags unter der Überschrift „Outside in: Invasive Landscapes“ stellte StudioVlayStreeruwitz Konzepte vor, die die Wahrnehmung von Orten und tradierte Planungsbegriffe hinterfragen, so wie der Wettbewerb „Freie Mitte – vielseitiger Rand“ auf dem ehemaligen Bahnareal des Wiener Nordbahnhofs. Hier fanden die Architekten eine Wildnis vor, die sich auf den Gleisfeld entwickelt hatte. Daraus entstand die Idee, diese von selbst entstandene Landschaft nicht zu bereinigen, sondern sie einfach als neuen öffentlichen Raum zu betrachten. StudioVlayStreeruwitz schob die Bebauung dafür an den Rand des Gebiets und verdichtete sie dort. Eine eingesparte Fläche für Straßeninfrastruktur für 8,7 Millionen Euro und doppelt so viel Freiraum wie gefordert sollte die Stadt überzeugen. Eine Kernfrage, wie stets bei StudioVlayStreeruwitz, war: Wer kümmert sich in der Umsetzung und nach der Fertigstellung um den Raum? „Denn die beste Idee kann scheitern, wenn sich im Alltag niemand zuständig fühlt“, sind sich die Architekten sicher.

Wie lässt sich das Potenzial dieser völlig neuen Art von Wildnis, die bei Teilen der Stadtverwaltung auf Irritation stieß, vermitteln? StudioVlayStreeruwitz wählte suggestive Modelle in kleinem Maßstab, die die Möglichkeiten und die Atmosphäre anschaulich machten. Um das Management durch die Stadtverwaltung zu ermöglichen, wurde sogar eine neue Widmungskategorie beschlossen: Naturnaher Erholungsraum. Die Umsetzung des Projekts läuft zurzeit, die Wettbewerbe für die Baufelder sind bereits abgeschlossen.

Ähnlich affirmativ mit dem Vorgefundenen ging der Wettbewerbsentwurf ECO.RED.or.ES für ein großes Areal am Rande Barcelonas um. Hier fanden sich Autobahnknoten, Straßen, große Gewerbeflächen und Logistik. Der Platz war „ortlos und verbunden mit dem territorialen Netzwerk der Infrastruktur“, erklärt das Duo. Sie entscheiden sich, diesen Ort nicht zu verdichten und zu „verstädtern“, sondern ein Zusammentreffen von Landschaft und Mobilität zu ermöglichen. Deshalb machten sie die Infrastruktur zur Hauptsache und implantierten eine neue Fußgängerbrücke, den „Magic Stick“, an einer neuralgischen Stelle. So multiplizierten sie die Umsteigeknoten zwischen den linearen Verkehrsachsen.

Direkt an einer Verkehrsachse in Wien befindet sich die für den EU Mies Award nominierte Wohnanlage Florasdorf. „Stadt trifft Dorf“ war der vorgegebene Marketingslogan – „doch hier, neben einer Autobahn in Hochlage, gab es weder Stadt noch Dorf“, erklärt StudioVlayStreeruwitz. Die Architekten nahmen die Herausforderung an und holten Stadt und Dorf kurzerhand ins Gebäude – vertikal gestapelt. Mit Gassen, Höfen und einem „Gartenregal“ als Abschirmung zur Straße. Die wuchtig skulpturale Fassade aus Sichtbeton wurde zum „performativen Brise-soleil“, der auch die Bauvorschriften, die keine Aufenthaltsräume zur Autobahn hin zulassen, klug und subversiv umging.

Eine Symbiose von Architektur und Stadt als freier Bildungsraum war der Entwurf für das Kindlhof-Areal in Berlin im Jahr 2021. Die Bausubstanz der ehemaligen Brauerei wird hier nicht im Sinne einer Tabula Rasa ersetzt, sondern geöffnet. Das macht sie zur Grundstruktur einer architektonischen Landschaft, die das „Potenzial der Leere“ auslotet.

Es entstehen schwammartige Räume, sogenannte „sponge spaces”, die für die Schüler der hier neu errichteten Schule ebenso wie für Nachbarn und Öffentlichkeit nutzbar sind. Dieses Projekt ermöglicht die situative Konstruktion eines „Labilatoire“, bei dem die Architektur in den Stadtraum übergeht – „atmende Grenzen“, in den poetischen Worten von Bernd Vlay und Lina Streeruwitz.

Das hochaufgelöste Bildmaterial finden Sie hier zum Download.

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