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Nachbericht | Francisco Mangado bei der November Reihe 2017 in Graz

Dialoge, Symbiosen und neue Pfade

Mit Francisco Mangado kam ein Lehrender aus Leidenschaft, ein Gestalter mit Mut und ein Bewahrer mit Fingerspitzengefühl nach Graz zum dritten Teil der November Talks 2017. Der spanische Architekt sprach über die Herausforderung, Altes und Neues zu verbinden, Verantwortung zu übernehmen und dennoch neue Wege zu gehen.

„Zu Hause wäre es mir langweilig geworden“, gesteht Francisco Mangado, der seinen Vortrag wegen eines verletzten Beins im Sitzen hält. Es scheint, als könnte nichts seine Energie bremsen, ihn nichts davon abhalten, seine Gedanken, Thesen und bauwerkgewordenen Ideen zu präsentieren. „Als Architekten haben wir eine große Verantwortung, auch als Lehrende“, beginnt er einleitend und berichtet von seinem Vorhaben, eine Post-Graduate-Universität zu gründen. Dass die Architektur von einem fast künstlerischen Anspruch immer mehr zu einer ökonomischen Tätigkeit wird, bei der der Architekt zum „Fassadenberater“ wird, moniert der ehemalige Wirtschaftsstudent mit Leidenschaft. 1957 in Navarra geboren, schloss der Spanier sein Architekturstudium 1982 ebendort ab. „90 Prozent der spanischen Architektur ist verloren“, meint er. Anspruch und Qualität in Gebautes zu transformieren, das sei der Hauptauftrag moderner Architektur.

Mit dem Archäologiemuseum von Álava, historisches Baskenland mit seiner Hauptstadt Vitoria-Gasteiz, zeigt Francisco Mangado eine Intervention inmitten mittelalterlicher Altstadt, die gleichzeitig die Umgebung respektiert und dennoch ein Statement setzt. Das L-förmige Konzept brachte dem Büro den Wettbewerbssieg. Es schmiegt sich mit Kontinuität an die bestehenden Gebäude an, die Fassade ist pure Struktur, vertikale Lamellen-Elemente – offenbar das Mangado-Markenzeichen – umfließen das Gebäude. „Der Eingangsbereich ist offener Raum“, sagt der Architekt, „die Besucher sollen die Atmosphäre des Baus einatmen können.“ Innen wie außen dominiert die Farbe (Fast-)Schwarz. Dunkle, vertikale Boxen wirken wie ein Setzkasten, geometrisch, aber dank der Holzstruktur nicht zu hart. Schräge, weiß illuminierte Kuben durchbrechen die Räume, spiegeln sich an der hölzernen Decke und am Boden, Skylights saugen natürliches Licht in den Raum. „Ich möchte Intimität und Nähe schaffen. Und Neugier auf die Exponate wecken, gerade bei Kindern“, erzählt Mangado von seinen Gedanken.

Ein weiteres Museumsprojekt, das Museum für Bildende Kunst in Oviedo, Provinz Asturias, treibt die Annäherung moderner Architektur an historische Bestandsbauten auf die Spitze. Als eines der wichtigsten Museen des Landes sollte es inmitten von bestehenden Bauten aus verschiedenen Epochen stehen. Ein Abriss des Bestands hätte die Zerstörung von sieben Gebäuden und damit das Ende einer ganzen historischen Straße bedeutet. Francisco Mangado gewann auch diesen Wettbewerb – mit einer radikalen Idee: Die historischen Fassaden blieben stehen wie die Kulissen einer Westernstadt. Die ausgeweideten Fenster geben den Blick frei auf das, was sich dahinter verbirgt. Ein Potemkinsches Dorf ist dieser Bau nämlich beileibe nicht: Die zweite Schicht, die mechanische Fassade, verbindet alt und neu in technisch ausgeklügelter Weise und lässt die Besucherinnen und Besucher über eine Treppe höhergelegene Stockwerke erreichen. Dahinter befindet sich die dritte Schicht, das eigentliche Museum, ein modernes Feuerwerk aus geometrischen, kubischen, hellen und glatten Eindrücken aus Glas, Aluminium und Holz. Natürliches Licht fällt seitlich und von oben ein und verändert die Atmosphäre im Inneren des Gebäudes im Einklang mit dem Tagesverlauf. Mangado betont die Zweideutigkeit des Baus: „Einerseits ist er Teil der historischen Straße, andererseits modernes Museum.“

Auch das Kongresszentrum in Palma de Mallorca muss sich in historische Gegebenheiten einfügen. Das Bauprofil auf dem schmalen Grundriss von 50 mal 500 Metern nimmt in seiner Form Anleihen an der historischen Stadtmauer und führt so die Konturen von Palma weiter. „Kontinuität zu transformieren war eine der größten Herausforderungen“, erinnert sich Francisco Mangado. Die vertikalen Lamellen sind auch hier wieder Hauptdarsteller und geben dem großen Gebäude luftige Leichtigkeit. In Richtung Meer läuft der Bau spitz zu: Hier gibt die Terrasse auch einen perfekten Blick auf die Kathedrale frei. Aluminiumschaum hat man als Material großzügig eingesetzt. Es reflektiert das Licht, glitzert und wirkt dennoch leicht. „Alle Teile des Baus, Hotel, Restaurant, Ausstellungsräume, sollen das besondere Licht von Palma widerspiegeln“, betont Mangado.

Nicht die Tradition, sondern die Natur ist der Dialogpartner im letzten Projekt, das Francisco Mangado präsentierte. In Lugo, in der Provinz Galicien, entstand der neue Hauptsitz des Unternehmens Norvento, Dienstleister und Forschungszentrum für erneuerbare Energie. Inmitten von „schrecklichen Industriegebäuden“ setzte Mangado einen familiär anmutenden Gebäudekomplex, der eher an Ferienwohnungen als an Firmengebäude erinnert. Durch Photovoltaik komplett autark, besticht der flache Bau durch sein fast rustikales Äußeres aus Eukalyptusholz – vertikale, dunkle Mangado-Streifen inklusive. „Anders als in Österreich ist Holzbau in Spanien absolut unüblich“, erklärt der Architekt. „Mit diesem Projekt haben wir bewiesen, dass man mit Eukalyptus bauen kann.“ Die dazugehörigen Forste befinden sich in unmittelbarer Nähe des Baus, dessen fingerförmige Ausläufer fast die Wälder berühren. Der Komplex ist zwar auffällig und einzigartig, aber er respektiert die Natur, verschmilzt mit ihr – genau wie die historische Fassade des Kunstmuseums.

Francisco Mangado wurde 1957 in Navarra geboren und schloss sein Architekturstudium an der Navarra School of Architecture 1982 ab. Er war Gastprofessor an der Harvard Graduate School of Design, der Yale School of Architecture und der l’École Polytechnique Fédérale de Lausanne. 2008 gründete er die the Architecture and Society Foundation, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Architektur und anderen Bereichen fördert. Sein spanischer Pavillon bei der Expo Zaragoza 2008 gewann zahlreiche Preise, unter anderem den ersten Platz in des 7. ASCER Ceramic Architecture Awards in 2008 und beim Construmat 2009. Sein Studio befindet sich in Pamplona.

November Reihe

Die November Reihe mit hochinteressanten Vertretern der zeitgenössischen Architektur gibt es mittlerweile an sechs europäischen Universitäten in Graz, London, Mailand, Paris, Prag und Stuttgart. Die Sto-Stiftung fördert die Veranstaltungen.

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