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Luyanda Mpahlwa | Design Space Africa | Cape Town

Am 14. November zur November Reihe in Graz: Luyanda Mpahlwa von Design Space Africa

Foto: DesignSpaceAfrica

November Reihe 2016 in Graz: "Architektur der Veränderung"

Mit ihrem 20. Vortrag startet die Reihe „November Talks“ der Sto Stiftung in eine neue Dimension: Neben Positionen zeitgenössischer Architektur sollte es 2016 auch um die soziokulturellen und sozialpolitischen Implikationen des architektonischen Schaffens gehen. Den Auftakt machte am 14. November 2016 Luyanda Mpahlwa. Der Architekt aus Kapstadt zeigte eindrucksvoll, wie Architektur Lebenswelten verändern kann – und dabei nie auf die Menschen vergisst.

Ein unendliches Meer aus niedrigen Wellblechhütten, am Horizont die Silhouette einer modernen, pulsierenden Innenstadt. Das ist das Bild, das viele Megastädte der Welt heute präsentieren, ob Mumbai, Bogota oder Kairo. Oder das südafrikanische Kapstadt. „Slum upgrading“ nennt Luyanda Mpahlwa, geboren 1958 in Mthata (Südafrika), den Transformationsprozess, der das Leben der Menschen in diesen ständig wachsenden Peripherien verbessern soll. Ihnen einen mehrstöckigen Siedlungsblock Marke Europa hinzustellen, würde nichts bringen, meint er: „Die Menschen fühlen sich so nur entwurzelt. Informelle Siedlungen entstehen trotzdem, die Leute verwenden ihre eigenen Materialien, die Community ist stark.“ Um Slums „upzugraden“, weiß er, müssen die Menschen teilhaben an der Veränderung. Nur so gelingt die Identifikation mit dem Wohnraum.

Eine der größten historischen Veränderung der Welt, das Ende der Apartheid, hat Luyanda Mpahlwa direkt miterlebt. Als die Studentenproteste auf ihrem Höhepunkt waren, machte er gerade seinen Collegeabschluss. 1981 wird er als Anti-Apartheid-Aktivist verhaftet und im Gefängnis Robben Island inhaftiert, geht fünf Jahre später mithilfe von Amnesty International nach Deutschland ins Exil, wo er sein Architekturstudium an der Technischen Universität in Berlin abschließt. 2000 geht er zurück nach Kapstadt, eröffnet ein Architekturbüro und arbeitet seitdem mit seiner Frau Ulrike Mpahlwa und seinem Büro DesignSpaceAfricadaran mit, Kapstadt und Südafrika zu verändern – nicht politisch, sondern architektonisch. Obwohl das, seiner Meinung nach, nicht wirklich zu trennen ist: „Wir haben es als Architekten nicht nur mit Gebäuden zu tun“, sagt er, „sondern mit Umgebungen und Situationen. Es geht längst nicht mehr nur darum, Formen zu schaffen. Die Rolle der Architektur definiert sich neu.“

Das bedeutet, auch das Bauen radikal neu zu denken. Wenn Zement und Holz zu teuer sind, geht man eben andere Wege. Man füllt zum Beispiel Verstrebungselemente mit Sandsäcken und verputzt das Ganze. „10 x 10 Sandbag Housing“ nennt sich diese mehrfach preisgekrönte originelle Lowcost-Bauweise, die im Freedom Park Township eine ganze Siedlung aus zweistöckigen, bunten und verspielten Wohnhäusern entstehen ließ. Das Beste daran: Ein Sack wiegt nur sieben Kilogramm. Die gesamte Community arbeitet selbstverständlich mit am Bau ihrer Häuser – ganz so, wie sie es für eine Wellblechhütte auch getan hätten. Die neuen Häuser schaffen im Erdgeschoßbereich einen Raum, der nötig ist für ein Leben, das sich traditionell draußen abspielt – Handel, Kleingewerbe, soziales Leben. „Man muss die Menschen teilhaben lassen an der Veränderung“, betont Mpahlwa.

Die Sandsack-Architektur kam auch im Philippi Township zum Einsatz. Eine Suppenküche für 200 Kinder hat man mit derselben Technik erbaut. Zweistöckig, bunt, einladend, kindgerecht. Dazu passend gestaltete Mpahlwa ein Zentrum für die Nachmittagsbetreuung. Trotz knappen Budgets entstand ein wahres Kinderparadies, das aussieht wie aus bunten Bausteinen errichtet. Elektrizität ist kostbar, daher hat Luyanda Mpahlwa das Gebäude mit Tageslicht fluten lassen. Die Zukunft der Kinder – und damit die Schulbildung – sind ohnehin der Dreh- und Angelpunkt für eine positive Veränderung in Südafrika. „Beyond the River: 50 Schools“ nennt sich ein mutiges Projekt, das den fensterlosen, trostlosen „Schlammschulen“ im östlichen Kapstadt den Kampf ansagt. Innerhalb von zwei Jahren und mit wenig Geld ermöglichte das Department of Basic Education den Ersatz von 50 Schulgebäuden im ländlichen Raum. Das Design lieferte Luyanda Mpahlwa. Schon die Logistik allein schien unüberwindbar: „Ohne Hubschrauber waren viele Orte unzugänglich.“ Durch geschickte Planung und Auswahl der Materialien und durch die perfekt organisierte Zusammenarbeit entstanden in kurzer Zeit Klassenzimmer, Bibliotheksräume, Labors und moderne Ausstattung für Schülerinnen und Schüler, das Lehrpersonal und die Verwaltung – und das mal 50. Bei den Sanitäranlagen entschied man sich für Trockentoiletten, die in den Nationalparks eingesetzt werden. Das Lehrpersonal hat man extra eingeschult, damit die Einrichtungen fachgerecht und dadurch nachhaltig nutzbar wurden. Um einen hellen Hof herum gruppieren sich einstöckige Gebäude, wieder freundlich, hell, kindgerecht und einladend. „Architektur heute heißt, über die Relevanz unserer Arbeit nachzudenken und inklusive statt exklusive Lebensräume zu gestalten“, sagt Luyanda Mpahlwa. Mit anderen Worten: zu verändern.

Video-Interview mit Luyanda Mpahlwa

Das Video finden Sie auf dem YouTube-Kanal der Sto-Stiftung

<figcaption>Foto: DesignSpaceAfrica</figcaption>

Luyanda Mpahlwa, Architekt und Urban Designer in Kapstadt, studierte Architektur an Technischen Universität Durban, bis er 1981 inhaftiert wurde. Er schloss sein Masterstudium nach seiner Entlassung an der Technischen Universität Berlin im Exil ab. 2000 ging er zurück nach Südafrika und gründete 2009 das Büro DesignSpaceAfrica. Er war gemeinsam mit einem Konsortium Architekt der Botschaft Südafrikas in Berlin beteiligt. Sein Projekt „Beyond the River: 50 Schools“ wurde bei der Biennale in Venedig 2016 ausgestellt. Er bekam das Ehrendoktorat der Walter Sisulu University für seine architektonischen Innovationen. Die Sandsackhäuser wurden 2008 mit den Curry Stone Design Prize in den USA ausgezeichnet. Derzeit arbeitet er mit seinem Büro an einem Entwicklungsplan zur Verbesserung der Konditionen des Townships Kosovo in Kapstadt.

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