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Ein Star zum Auftakt

Odile Decq sprach am 5. November bei der Stuttgarter November Reihe

Stuttgart. Einen besseren Auftakt hätte man sich für die diesjährige November Reihe in Stuttgart nicht wünschen können. Die französische Architektin Odile Decq sorgte für einen vollen Hörsaal. Genauso imposant wie ihre Erscheinung ist auch die Architektur, die sie in den folgenden zwei Stunden näher vorstellte. Zunächst begann sie mit einer Aufforderung an die Studierenden, mehr Vertrauen darin zu haben, dass sie die Zukunft mit Architektur gestalten und auch verbessern können. Für Odile Decq ist Architektur mehr als eine Profession, es ist eine Disziplin, in der man die Welt analysieren muss; alles überdenken muss, um am Ende etwas völlig Neues zu schaffen.

Decq zeigte in ihrer Werkschau zunächst Arbeiten aus den 1990er Jahren, die sich mit dem Thema Raum auseinandersetzen. Kunstinstallationen wie „HyperTension“ in Grenoble oder „Homeostasie“ spielen mit der vorgefundenen Situation, verändern sie und auch das Raumerlebnis der Menschen, die in diese Installationen einbezogen werden. Dabei spielt sie mit Blickwinkeln und spiegelnden Flächen und virtuellen Räumen oder Raumgefügen, die dabei entstehen.

Ein besonderes Projekt stellt das MACRO Museum of Contemporary Art in Rom aus dem Jahr 2010 dar. Ihr Entwurf orientiert sich stark an den Bedürfnissen der Bewohner. Sie gestaltete eine allgemein zugängliche Dachterrasse, die auch nach den Öffnungszeiten des Museums als öffentlicher Park fungiert. Baumartige Leuchtkörper unterstützen diesen Charakter. Eine Verschmelzung von innen und außen gelingt durch den einheitlichen Basaltboden und der Bezug zum Ort wird über die Reflektion des historischen Bestands in der neuen Glasfassade hergestellt. Im Inneren dominiert die Farbe Schwarz. Dazu setzt ein eingestelltes Auditorium, das innen ganz in Rot gehalten ist einen markanten Akzent. Ein typisches Element in ihren Entwürfen wird hier deutlich. Die Farben Schwarz und Rot, auch im Kontrast zueinander, werden den Anwesenden mehr als einmal an diesem Abend begegnen. Ein weiteres, widerkehrendes Element in ihren Entwürfen ist der spielerische Umgang mit den Toilettenräumen. Angelehnt an Jaques Tatis „Playtime“ sind diese Orte für Odile Decq ein experimenteller Ort.

Das Phantom Opera Restaurant in Paris aus dem Jahr 2011 verdeutlicht eine weitere Stärke ihrer Entwürfe. Mit viel Respekt vor dem Bau von Charles Garnier aus dem 19. Jahrhundert entwickelte Odile Decq einen Gastraum, ohne irreversible Eingriffe vorzunehmen. Eine sechs Meter hohe Glasfassade aus eingespannten Elementen trennt das neue Café thermisch ab. Im Inneren entwickelte sie eine organisch geformte Ebene, als negative Form der Säulenstellung. Aus dieser wolkenartigen Konstruktion bildet sich eine zweite Ebene für die Cafénutzung. Das Weiß des Mezzanins wird ergänzt durch ein kräftiges Rot für Teppiche und Bestuhlung.

Auch im folgenden Projekt wird die Vorliebe Odile Decqs für prägnante Farben deutlich. Im französischen Rennes plante sie 2012 das FRAC – ein Museum für zeitgenössische Kunst. Unmittelbar vor dem Gebäude befindet sich ein Kunstwerk aus 72 Steinsteelen. Darauf Bezug nehmend teilte Decq die Fassade in der Höhe, in der die Steelen enden und wählte für diesen unteren Bereich schwarzes Glas, sodass die Fassade das Kunstwerk tagsüber reflektiert, das Gebäude gleichzeitig wie eine einheitliche Fläche erscheint. Im Inneren wählte sie eine zurückhaltende Gestaltung mit weißen Wänden und einem ruhigen Betonboden. Einzig das im Erdgeschoss eingestellte Auditorium wurde in Rot gehalten und auch die Decke des großen Eingangsbereiches erstrahlt in diesem kräftigen, warmen Farbton. Dieses Farbspiel ist nur zu sehen, wenn der Baukörper in der Dämmerung von innen erleuchtet wird.

Im Anschluss an die gebauten Architekturbeispiele zeigt Odile Decq eine Auswahl an von ihr realisierten Designprojekten. So entwickelte sie beispielsweise 2001 für die Conference Hall der UNESCO in Paris eine stimmige Möbelserie. Hier orientierte sie sich, da das Gebäude aus den 1950er Jahren stammt, an dem zu dieser Zeit vorherrschenden Material – Kunststoff. Entstanden ist eine Möbelserie mit zusammenschaltbaren einzelnen Elementen in einer runden Formensprache. Die Arbeiten in diesem kleinen Maßstab waren für sie zunächst ungewöhnlich, fühlten sich am Anfang proportional falsch an. Im vergangenen Jahr entwarf sie weitere Gebrauchsgegenstände wie eine Servierplatte für Alessi, einen Obstkorb oder ein Taschenmesser für Nontron oder auch ein Hunde- bzw. Mäusehaus.

Die Sanierung des Bernard Maison von dem Architekten Antti Lovag im französischen Theoule war ein weiteres Highlight ihres Vortrags. Die organisch geformten, sich aneinanderreihenden Kugeln aus dem Jahr 1971 erinnern an Zukunftsvisionen. 600 Quadratmeter Wohnraum befinden sich in den von außen terracottafarbenen Wohnblasen. Decq wurde damit beauftragt, den Innenraum neu zu gestalten. Dafür beschäftigte sie sich zunächst mit dem Außenraum, um sich mit der ungewöhnlichen Architektursprache vertraut zu machen. Unter dem Stichwort „too much is never enough“ entwickelte sie schließlich ein Spiel mit kräftigen Farben, sodass einzelne „Bubbles“ in pink oder orange erstrahlen. Dieses Projekt ergänzte damit eindrucksvoll die Bandbreite der Werkschau und zeigte die verschiedensten Facetten der Architektin.

Odile Decq | November Reihe 2014

Die französische Architektin Odile Decq ist nicht nur eine auffällige Erscheinung. Auch im Interview bezieht sie klar Position und fordert von jungen Architekten mehr Mut und den Glauben daran, die Welt durch ihre Arbeit verbessern zu können. (Film | 4:08 Min.)

FREE SPACE. IED projects for MACRO

MACRO Museum of Contemporary Art (Film | 1:40 Min.)

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