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Andrei Serbescu | ADNBA | Bukarest

Am 28. November in der November Reihe in Graz: Andrei Serbescu vom Architekturbüro ADNBA.

Bild: Andrei Serbescu / Oltin Dogaru

Wie Menschen leben, nimmt Einfluss auf die Architektur. Diese wiederum kann mitbestimmen, wie sich eine Stadt entwickelt. Besonders wenn sie so vielschichtig ist wie Bukarest. Über die Wechselbeziehung aus Wohnen und Wohnraum sprach Andrei Șerbescu bei der dritten Ausgabe der November Reihe 2016 der Sto Stiftung.

Wie verschiedenfarbige Sedimentschichten bestimmt eine große Vielfalt aus Stilen und historischen Epochen das architektonische Gesicht der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Die ersten Häuser entstanden um Kirchen herum, das kommunistische Regime brachte die klassischen Plattenbau-Wohnblöcke, später kamen moderne Wohnsiedlungen mit privaten Grünanlagen dazu. Dazwischen steht der Monumentalbau des Parlamentssitzes. Und immer wieder eingesprenkelt sieht man rurale Flecken mit ihren pittoresken Gassen und bunten, einstöckigen Häusern. Mit diesem „urbanen Gewebe“ arbeitet Andrei Șerbescu, 1977 in Bukarest geboren.

Wo das Büro ADNBA, gegründet 2003, seine Spuren hinterlässt, bleibt kein Stein auf dem anderen. Diese Handschrift ist klar und eindeutig. „Bekämpfe die Last der Langeweile“, lautet nicht umsonst das Motto des Büros. Solche Wohnbauten sind die perfekte Kampfansage gegen die Gleichmacherei, gegen Häuser in Reih und Glied, gegen Apartments im Copy-Paste-Stil. Für alle Wohnprojekte Șerbescus scheint zu gelten: Baue nie zwei Wohnungen gleich! Beim „Mora Housing“ etwa. Das Projekt respektiert die lokalen Gegebenheiten, die Hülle aus Naturstein macht es monolithisch, aber hell und freundlich. Jede Loggia, jeder Balkon ist einzigartig und kommuniziert mit dem Raum draußen. Ebenso das Gebäude in der Straße „Petru Rareș“: Die komplizierte Geometrie passt zu Bukarest und seinem Fleckerlteppich aus verschiedenen Baustilen auf engstem Raum. Auch „Măicănești“ folgt diesem Credo: Die Häuser sind stark mit der Außenwelt verbunden. Jedes Apartment bekommt einen Balkon, eine Loggia oder einen Garten. Und keines gleicht dem anderen.

„Wir haben gar keine ‚Methode‘“, gibt Andrei Șerbescu rundheraus zu. „Unsere Arbeit ist eine Serie von Zwischenstufen, von Zwischenräumen.“ Das Hinausgehen und Recherchieren der Orte ist auch keine Top-Priorität. Das Büro setzt auf die Kraft der Imagination. Und das besonders gerne zusammen mit jungen Leuten. „Die Vorstellungskraft meiner Studierenden inspiriert mich“, sagt der Architekt. „Ihre Fantasie ist sogar stärker als die gebaute Architektur.“ Bei der Biennale 2016 in Venedig zeigt Andrei Șerbescu, was er damit meint. Die Installation sieht aus wie ein minutiös gestaltetes Schnitzwerk aus Elfenbein, ein Aufriss von Wohngebäuden, innen detailliert ausgearbeitet wie ein 3D-Rendering. Doch es ist aus Papier, geschaffen von den Fingern – und Gehirnen – seiner Studierenden. Man kann sogar aus den winzigen Fenstern sehen: mit den Augen eines zukünftiges Bewohners. „Wir bringen Architektur zum Leben, bevor sie gebaut wird“, sagt Andrei Șerbescu.

Das „Dogarilor“-Projekt umfasst 72 Wohneinheiten, die zwischen verschiedenen Wohndichten, Größen und Topologien zu vermitteln versuchen. Jede Einheit ist – natürlich – einzigartig. Enge Gassen, kleine Zwischenräume, schaffen öffentlichen Raum. Im Keller gibt es eine Cafeteria, die Terrasse ist Gemeinschaftsraum. Nicht immer funktioniert das mit dem „shared space“, wie Șerbescu betont: „Die Cafeteria geht gut, die Terrassen weniger. Offenbar brauchen die Menschen doch mehr privaten Raum als gedacht.“ Das Projekt „Occidentului“ geht einen ähnlichen Weg. Es bietet die Vorteile einer Innenstadt, kombiniert mit der Beschaulichkeit eines Dorfs. Von Cafés bis zum Frisör und zu Restaurants findet sich alles direkt in der Nähe. Die 21 Apartments spielen mit der Deckenhöhe und brechen Standards bei der Aufteilung von Wohnungen. Manche Wohnungen haben Räume, die eineinhalbmal so hoch sind wie üblich. Der Nachbar wohnt auf einem Halbstock. So entsteht viel Platz auf engstem Raum. Verspielt und verschachtelt ergeben die einzelnen Wohnelemente ein perfektes Ganzes, wie beim Videospiel Tetris, wenn genau jener Block fällt, den man braucht, um zu gewinnen …

Wenn Andrei Șerbescu und sein Team sich fantasievoll ausmalen, wie die Menschen in ihren Wohnungen leben werden, kommen Fragen auf wie: Wie lassen wir eine Stadt wachsen? Wie verändert Architektur den Raum? Manchmal bekommt er die fertigen Wohnungen inklusive Bewohner später zu Gesicht. Oft gibt es da eine Überraschung: „Es sieht am Ende immer alles ganz anders aus. Aber viel besser!“

Andrei Șerbescu, geboren 1977, lebt und arbeitet in Bukarest. Er machte seinen Abschluss an der UAUIM (Universität für Architektur und Stadtplanung Ion Mincu) im Jahr 2002, wo er seither auch unterrichtet. Ein Jahr später gründete er das Büro ADNBA in Bukarest. 2011 präsentierte er seine Doktorarbeit über die volkstümliche Architektur im modernen Rumänien. Zahlreiche nationale und internationale Preise und Nominierungen zeichnen die Werke des Büros aus.

Pressekontakt

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